Jetzt aber!
Während meines Urlaubs war ich zum ersten mal in Haltern am See unterwegs. Haltern liegt ziemlich genau auf der Grenze zwischen Ruhrgebiet und Münsterland und erlangte Anfang letzten Jahres durch den Germanwings-Absturz traurige Berühmtheit.
In Haltern liegt die Haard, eine etwa 55 km² große, so gut wie unbebaute Hügellandschaft aus Sandstein die sich wunderbar zum Wandern eignet. Diverse Wanderwege durchziehen die Landschaft und so ging es für uns, meine Familie und mich, Ende Oktober für ein paar Stunden nach Haltern am See.
Die 9,3 km lange Tour hatten wir uns zuvor online bei GPSies rausgesucht und dachten, diese in gemütlichen drei Stunden zu schaffen. Soviel vorweg: Wir haben mehr als vier Stunden gebraucht!
Im Halterner Ortsteil Flaesheim begann die Tour am Wanderparkplatz "Zum Dachsberg". Für kleine und große Kinder gibt es hier einen beachtlichen Waldspielplatz direkt am Parkplatz. Wenn es Tags zuvor nicht geregnet hätte und der Spielplatz nicht entsprechend nass gewesen wäre ... Naja, lassen wir das. Wer hier mit Kindern wandern geht, sollte definitiv mehr Zeit einplanen!
Direkt am Parkplatz befindet sich eine kleine Holzhütte mit Informationen zur Haard sowie zum "Naturpark Hohe Mark - Westmünsterland". Wer noch nach Wanderwegen sucht, wird hier ebenfalls fündig.
Da wir unseren Weg kannten, wanderten wir los. Vorbei an Obstbäumen, über befestigte und unbefestigte Wege und durch eine insgesamt sehr schöne Naturlandschaft.
Das feuchte Herbstwetter war ideal für das Wachstum von Pilzen. So entdeckten wir an einer Stelle einen Pilz, den wir zuvor alle noch nie gesehen hatten. Ein kugelförmiger Pilzkörper mit einer Öffnung auf der Oberseite auf einen liegt, wie eine Perle in einer Muschel, auf einer gleichfarbigen Schale, die aussieht, als wäre sie angeknabbert worden. Wir hatten keine Ahnung, was das für ein Pilz sein sollte, und da uns hier auch mein Kosmos Naturführer nicht weiterhelfen konnte habe ich den Pilz kurzerhand fotografiert, bei Facebook gepostet und gefragt, um welche Art es sich hier handelt. Recht schnell bekamen wir dann auch die Antwort: Wir hatten einen, wenn auch sehr mitgenommenen, Erdstern entdeckt.
Weitere Pilze wie Braunkappen oder auch der klassische Fliegenpilz ließen nicht lange auf sich warten.
Wir waren jedoch anständig und haben so gut wie alle Pilze dort stehen gelassen, wo sie waren. Lediglich ein s.g. "falscher Pfifferling" musste dran glauben um sein Täuschungsmanöver zu entlarven. Ich hoffe, er hat uns verziehen.
Am Ende eines langen Waldwegs liegt ein großer, eingezäunter Baggersee. Geht man einige Meter weiter, so gelangt man schließlich an den Campingplatz "Marina Flaesheim", der (laut Homepage) über eine ganzjährig geöffnete Gastronomie verfügen soll. Ob das jedoch stimmt, kann ich nicht sagen, da wir unsere Rast am Wesel-Datteln-Kanal eingelegt haben, der direkt am Campingplatz entlang verläuft.
Eine kleine, einspurige Brücke verbindet den Campingplatz mit der anderen Uferseite, an der wir es uns gemütlich machten und unseren Beinen bei Käse, Crackern, Zitronenwaffeln, Kaffee und einem vorher gepflückten Apfel eine kurze Pause gönnten.
Herbstlicher Farbenzauber am Wesel-Datteln-Kanal
Nach der Stärkung ging es am Kanalufer weiter. Der Wechsel vom dicht bewachsenen Wald zum lichten Kanalufer war Anfangs wirklich sehr gewöhnungsbedürftig. Warum kann ich gar nicht genau sagen, jedenfalls war es wie das Eintauchen in eine andere Welt.
Das Kanalufer überraschte uns mit traumhaften Herbstfarben und einer Vielzahl verschiedener Pflanzen- und Straucharten. Im Gegensatz zu den Pilzen mussten diesmal jedoch einige Zweige der bunten Sträucher ihr Leben lassen, um zuhause von meiner Mutter zu einer schönen Herbstdeko verarbeitet werden zu können.
Am Ufer ging es anschließend weiter bis zur Schleuse Flaesheim, die im Jahre 1931 offiziell in Betrieb genommen wurde und die durch ihre beiden mächtigen Hubtore eine Art Stilbruch in der sonst so beschaulichen Landschaft darstellt. Es ist schon ein Schauspiel, wenn die großen Schleusentore von oben ins Schleusenbecken heruntergelassen werden.
Eine wirklich sehr schöne Kirche mit einem kleinen, alten Friedhof direkt daneben, auf dem bis ins Jahr 1790 ein Stiftsgebäude stand.
Schräg gegenüber der Kirche steht ein altes Fachwerkhaus. Dessen historische Bedeutung erklärt ein Hinweisschild, das direkt an der Einfahrt angebracht ist. Darauf ist zu lesen, dass es sich um das Haus des ehemaligen Stiftsfischers handelt. Das Haus muss früher unmittelbar an der Lippe gelegen haben um die Fischereiarbeit so einfach wie möglich zu gestalten. Die Lippe jedoch vierlief nur bis 1569/70 direkt am Haus entlang und ist heute auf der anderen Seite des Kanals zu finden.
Vor der Kirche liegt ein kleiner Platz mit einem Gemeindehaus und einem großen, alten Baum. Auf einer Tafel ist zu lesen, dass es sich bei diesem Baum um eine ca. 500 Jahre alte Sommerlinde handelt. Die Linde ist ein offiziell festgesetztes Naturdenkmal. Was ich bis dato nicht wusste: Das Durchschnittsalter für Sommerlinden liegt bei 800 Jahren. Respekt!
Vom Kirchplatz aus gelangt man an eine Hauptstraße, die man überquert und anschließend durch eine ruhige Wohnsiedlung wieder direkt den auf Wanderparkplatz zuläuft.
In etwas mehr als vier Stunden also haben wir diese Tour geschafft. Ich glaube ja, dass die Herbstdeko schuld war :-)
Wer das Ruhrgebiet einmal anders erleben möchte, für den ist ein Ausflug in die Haard sicher sehr empfehlenswert. Ein paar schöne Tipps für einen Ausflug in die Haard gibt es auch auf der Seite des Ruhr-Guides. Den GPS-Track zu dieser Tour gibt es hier zum Download.
Liebe Grüße,
Timo